Zu den Arbeiten von Hans Lindenmüller, anlässlich der Ausstellung Spieglein Spieglein bei nah-fern, Kulturbahnhof, Starnberg, Auszug aus der Rede vom 21.06.2018

von Ursula Steglich

(…) Es hat immer auch etwas „spielerisch“ Kinetisches, wenn er z.B. wie in einer früheren Arbeit GEOTOP einen modellierten Vulkan rauchen oder in STORM ein Bäumchen sich im Wind hin- und her bewegen lässt, aber er thematisiert damit auch gnadenlos unseren beschränkten Blick auf Phänomene und Prozesse, die im geschrumpften Kleinformat ihrer Wucht und Bedeutung beraubt sind – und trotzdem soo schön funktionieren….
Eigenartige Objekte hat er uns auch heute mitgebracht – bewegliche, wie die sich magisch öffnende und schließende Blende in der Stele, die er PORTAL nennt
, oder das „tropfende“ Keramikobjekt CAVE mit den bizarren Tropfsteinzapfen – wie ein Ausschnitt aus der unglaublichen Zeitspanne der Entstehung einer Tropfsteinhöhle. Durch  das technisch erzeugte gleichförmig wiederholte Pling entsteht wie durch die Tonspur im Film eine Pseudo- Realität, die sich nicht als Nachbildung, sondern in der Illusion als eigenständige Realität behauptet.
Auch das Diorama GATE spielt mit dem, was wir wissen und dem, was wir sehen, wenn wir hineinschauen – Spiegel verlängern die Linien perspektivisch ins Unendliche und hinterfragen so die Zuverlässigkeit unserer Wahrnehmung…
Und auch das gefährlich nah am Abgrund stehende Wellblechgehäuse GARAGE in Miniaturform erschließt sich keineswegs in seiner niedlichen Reduziertheit – es wirkt unheimlich, wie da Dampf oder Rauch aus dem Inneren dringt – unwillkürlich fragt man sich: was spielt sich da ab? Was wird gleich passieren? – Mir kommt es vor wie eine Metapher auf den Zustand der Welt…
Dass er die Welt gerne präzise en miniature baut, das zeigen auch die Objekte an der Wand hier – aber sie sind auch einer anderen großen Leidenschaft geschuldet, nämlich der Science Fiction Literatur, die sich einer fernen und phantastischen Zukunft widmet… POPULATION heißt diese Arbeit …
Wie die Felswohnungen in Kappadokien hängen kleine Betongehäuse  an der „Fels“ – Wand unseres Bahnhofs – sind hier letzte Rückzugsorte für die Menschheit inszeniert? – vielleicht nach der Invasion von  Außerirdischen? Oder ein letzter Hort auf einer übervölkerten Erde?  – Sie sehen, die Assoziationsmaschinerie in meinem Kopf ist schon angeworfen (…).